Kalkschulter
Kalkschulter
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
bei Ihnen wurde eine Kalkschulter oder auch Tendinitis calcarea festgestellt. Hier möchten wir Ihnen einen Überblick zu diesem Krankheitsbild geben.
Was genau ist die Kalkschulter?
Die Kalkschulter ist eine Ablagerung von Kalkkristallen in eine Sehne. Hier führen wiederholte Überlastungen und Verletzungen zu Mikroverletzungen des Sehnengewebes, welches dann nicht vollständig abheilen kann. Durch die wiederholte Reizung/Belastung ist der Heilungsprozess fehlerhaft und es werden Calcium-/Kalkkristalle in die Sehne eingelagert.
Meistens die für das seitliche Armheben zuständige Supraspinatussehne betroffen.
Die genaue Ursache ist ungeklärt, ein vorausgehendes Engpasssyndrom kann begünstigend wirken, ebenso scheint die anatomisch schlechte Durchblutung am Ansatz der Sehne eine Rolle zu spielen.
Familiäre und genetische Ursachen sind wahrscheinlich, da zu 70 % Frauen zwischen 30-55 betroffen sind.
Welche Symptome treten bei der Kalkschulter auf?
Oft sind Kalkablagerungen in der Sehne ein Zufallsbefund und machen keinerlei Beschwerden.
Große und verknöcherte Kalkdepots können einen bewegungsabhängigen Schmerz auslösen und somit zu Einklemmungssympromen führen.
Klassisch ist jedoch ein massiver Schmerz, der oft ohne klar erkennbare Ursache auftritt und stark Nachschmerzen auslösen kann und der sehr stark sein kann, bis man seinen Arm kaum noch bewegen kann. Dieser entsteht vor allem, wenn ein Kalkdepot „aktiviert“ wird und sich in das Gelenk entleert, arthoskopisch sieht es ähnlich aus wie Zahnpasta, die sich in das Gelenk entleert.
Wie läuft die Krankheit ab?
Klassisch durchläuft die Erkrankung mehrere Stadien. Die Dauer der Phasen ist sehr unterschiedlich und die Erkrankung kann in jeder Phase stehenbleiben. Ein Krankheitsverlauf von 1 Jahr ist typisch.
1. Transformationsphase:
Die Sehnenzellen werden infolge eines äußeren Reizes wie Entzündung, wiederholtem mechanischen Reiz (z.B. bei Impingementsyndrom) sowie verminderter Sauerstoffversorgung der Sehnenzellen in knorpelige Zellen umgewandelt. Die Sehnenheilung ist also fehlerhaft oder unvollständig. In dieser Frühphase sind die Schmerzen oft gering und die Diagnose ist oft schwer zu stellen, da noch keine Kalkeinlagerung stattgefunden hat.
2. Verkalkungsphase:
Nach dem Absterben der Knorpelzellen wird nun Kalk eingelagert (der genaue Mechanismus ist unbekannt) und die Schmerzen werden intensiver.
Je nach Menge des eingelagerten Kalkes kann die Diagnose im Ultraschall oder Röntgen gestellt werden. Gelegentlich ist aber bei wenig Kalk auch ein MRT erforderlich.
3. Resorption:
Das Kalkdepot löst sich auf und ein massiver Entzündungsreiz entsteht durch die Freisetzung des Kalkes in den Raum unter dem Schulterdach und in die Schleimbeutel. Teilweise ist eine Bewegung des Armes unmöglich und es bestehen nächtliche Schmerzen. Oft kommen die Patienten in dieser Phase zum Arzt. Die Intensität und Dauer der Beschwerden ist unterschiedlich, manche Betroffene merken nur einige Tage wenig Schmerzen.
4. Reparaturphase:
Die Entleerung des Kalkdepots und die Entleerung des Depots kann bestenfalls zu einer vermehrten Durchblutung und Abheilung mit Bildung eines Narbengewebes führen.
In anderen Fällen bleibt die Reparatur/Abheilung unvollständig und der Prozess kann sich wiederholen oder länger andauern.
Kann sich die Sehne von allein erholen?
Ja, die Kalkschulter ist ein selbstlimitierendes, also in den meisten Fällen von selbst abklingendes Krankheitsbild. Die Beschwerden und die Krankheitsdauer sind jedoch sehr unterschiedlich, leichte Schmerzen über wenige Tage kommen ebenso vor wie wiederholte starke Schmerzepisoden über 1-2 Jahre.
Wie sieht die Behandlung aus?
Da in der Akutphase der Schmerz im Vordergrund steht, sind zu Beginn Schmerzmittel, kurzfristige Schonung und auch Cortisoninjektionen notwendig und sinnvoll.
Am Anfang kann die Diagnose der Kalkschulter unsicher/schwierig sein, wenn noch kein Kalk in die Sehne eingelagert ist.
Durch Physiotherapie, manuelle Therapie und Kälteanwendungen kann der Schmerz gelindert werden. Je nach Krankheitsdauer und Schmerzintensität kann die Therapie nach einigen Tagen beendet sein oder es sind noch weitere Behandlungen nötig.
Letztlich zielen alle Behandlungen darauf ab, das Kalkdepot in der Sehne zur Abheilung zu bringen.
Hierzu gibt es mehrere Wege:
1: Die Stoßwellentherapie:
hier wird über einen äußeren Schallkopf fokussierte Schallenergie übertragen und das Kalkdepot direkt gereizt. Dies gilt aktuell als die sicherste Methode und es liegen gute Studienergebnisse vor.
Leider ist die Stoßwellentherapie keine gesetzliche Regelleistung und muss vom Patienten selbst bezahlt werden.
2. Physiotherapie:
Die Schulter wird muskulär gekräftigt und der Oberarmkopf richtig in der Pfanne zentriert, damit die Sehne entlastet wird, zusätzlich kann durch manuelle Therapie eine Abheilung angeregt werden.
3. „Needling“:
Hier wird unter Ultraschallkontrolle das Kalkdepot mit einer Nadel punktiert und Cortison eingespritzt. Gute Ergebnisse sind möglich, die Behandlung wird nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
Wann ist eine Operation nötig?
Bei starken oder anhaltenden Schmerzen ist einer Schlüssellochoperation sinnvoll. Man sollte mindestens 2 Monate eine konservative Behandlung versucht haben, bevor man operiert.
Wie läuft die Operation ab?
Hier wird das Kalkdepot in der Sehne über eine Schlüssellochoperation aufgesucht und dann mittels Nadeln oder mit kleinen Fräsen entleert. Es muss nicht der gesamte Kalk aus der Sehne entfernt werden, meist reicht die Eröffnung mit Entfernung eines Großteils des Kalks. Bei großen Depots muss manchmal die Sehne eröffnen und dann wieder nähen.
Ambulant oder stationär?
Typischerweise empfehlen wir in den ersten 1-2 Tagen einen Schmerzkatheter zur Schmerzkontrolle, daher ist ein stationärer Aufenthalt sinnvoll. Außerdem kann es bei großen Depots nach Entfernung notwendig sein, den entstandenen Defekt in der Sehne wieder zu verschließen.
Wir führen diese Operationen für gesetzlich versicherte Patienten in der Sana-Klinik Nürnberg und für privat versicherte Patienten im MMC Nürnberg, Virnsberger Strasse 75 in Nürnberg durch.
Wie geht es nach der Operation weiter?
Wenn die Schmerzen gut unter Kontrolle sind, kann nach 2 Tagen die Entlassung nach Haus erfolgen. Wenn die Sehne nicht genäht wurde, tragen Sie für 1 Woche noch eine Armschlinge zur Schonung, dann kann langsam mit der Beübung begonnen werden. Fäden werden nach 12 Tagen entfernt.
Sollte die Sehne aufgrund der Entfernung eines großen Kalkdepots genäht werden, wird für 4 Wochen ein Schulterkissen getragen und erst nach 4 Wochen kann mit der aktiven Bewegung der Schulter begonnen werden.
Wann kann ich wieder Sport treiben?
Dies ist individuell unterschiedlich. Meistens wird durch die Operation die Abheilung der Sehne erreicht, die aber noch einige Wochen dauert. Zunächst sollte für Alltagsbelastungen eine Schmerzfreiheit und freie Beweglichkeit erreicht sein, dann kann die Belastung sportspezifisch gesteigert werden.
Wurf- und Ballsportarten sollten erst nach Erreichen von Stabilität und Schmerzfreiheit sowie Korrektur von Haltung und Technik mit der Physiotherapie begonnen werden, 6 Monate sind üblich.
Wann bin ich nach der Entfernung eines Kalkdepots wieder arbeitsfähig?
Für Bürotätigkeiten sind 2-3 Wochen Arbeitsunfähigkeit üblich.
Bei körperlichen Arbeiten über Kopf oder schwerem Heben können auch bis zu 2 Monate notwendig sein. Sollte eine Naht der Sehne notwendig sein, müssen 4-6 Wochen zusätzlich eingeplant werden.
Diese Zeit ist durch die Sehnenheilung biologisch vorgegeben.
Welche Probleme können auftreten?
Es können neue Kalkdepots an anderer Stelle auftreten. Die Kalkdepots können unvollständig abheilen.
Vor allem kann es nach Entfernung des Kalkherds notwendig sein, die Sehne zu nähen. Dies lässt sich auch vor der Operation nicht immer klar abschätzen. Die Folge ist dann eine deutlich längere Nachbehandlung, da die Sehnennaht mindestens 4 Wochen, manchmal auch 6 Wochen bei sehr großen Herden abheilen muss.
Sehr selten kam es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Infektion kommen, die Wahrscheinlichkeit beträgt etwa 1 : 1000.
Hier kommt es üblicherweise einige Tage nach der Operation zu zunehmenden Schmerzen und auch Rötung. Diesen Fall ist es wichtig, dass sie sich schnellstmöglich bei uns melden damit wir die entsprechenden Schritte einleiten können, um den gesamten Heilverlauf möglichst zu verkürzen.
Diesem Fall wird dann im Rahmen eines stationären Aufenthaltes das Kniegelenk mehrfach gespült und eine Antibiotika Behandlung durchgeführt, bis die Infektion abgeheilt ist. In diesen seltenen Fällen dauert der Krankenhausaufenthalt oft 2-3 Wochen.
Insgesamt ist die Kalkschulter ein teils sehr schmerzhaftes Krankheitsbild, welches meistens konservativ behandelt werden kann. Im Falle einer Operation können Sie in mehr als 90 % mit guten Ergebnissen rechnen.
Gerne beraten wir Sie ausführlich über das für Sie beste Vorgehen.
Ihre Ärzteteam des ZON